135 Autocarrier
2025 © Thomas Gade< | Seite: 1 2 |

Früher wurden Filme oft unzerschnitten aufbewahrt. Man rollte sie einfach auf und steckte sie in die Dosen für die Filmpatronen oder in größere Dosen für Meterware. Aus dem Nachlass eines Fotografen bekam ich vor etwa 20 Jahren einen Umzugskarton voller alter Blechdosen für Meterware, in denen jeweils 4-10 unzerschnittene Schwarzweißfilme aufbewahrt wurden. Insgesamt waren es etwa 500 Filme. Bislang wurden ca. 15.000 Bilder digitalisiert.
Rechnet man mit einer Minute pro Scan, waren alleine dafür 250 Stunden einzuplanen. In der Praxis verstrichen natürlich viel mehr, weil die Filme gewechselt werden mussten und man auch nicht immer genau dem Moment neben dem Scanner steht, in dem er die Verarbeitung eines Films abschloss, um gleich danach den nächsten hinein zu stecken. Möglich war das nur mit den automatischen Scannern von Nikon (LS 2000, Coolscan 4000 und 5000. Die legten nicht sofort los, sondern brauchten eine Weile, bis das erste Bild richtig positioniert war. Anhand eines Vorscans erfolgten Korrekturen. Der Filmtransport erfolgte nicht immer fehlerfrei, manchmal wurden die einzelnen Bilder nicht richtig erkannt, bzw. positioniert. Dann verstrich Zeit, um das zu beheben. Ich habe es nicht protokolliert, aber wahrscheinlich hat die reine Scanzeit durch die zusätzlichen Arbeiten mindestens doppelt bis dreimal so lange gedauert.
Mit dem 135 Autocarrier und einer leistungsfähigen Digitalkamera wäre das Scannen solcher Vorlagen effizienter und viel schneller zu erledigen.
Das Konvertieren der Schwarzweiß-Negative zu Positiven ist unkompliziert und kann als Stapelverarbeitung ablaufen. Konventionelle Filmscanner mit Staub-und Kratzererkennung durch Infrarot bieten hier keine Vorzüge, weil diese Technik nicht mit konventionellen Schwarzweißfilmen kompatibel ist. Darüber hinaus wird die Auflösung durch die Anzahl der Pixel auf Sensoren bestimmt und die Schärfe der Bilder durch die Qualität des Objektivs und einer präzisen Fokussierung. Hier sind digitale Systemkameras im Vorteil.

Steht man vor so einem Projekt, ist der schnelle 135 Autocarrier gegenüber konventionellen Filmscannern auf jeden Fall die bessere Option. Dafür lohnt es sich, den nötigen Arbeitsplatz für die Dauer des Projekts optimal und fest einzurichten.
Aufwand
Umgekehrt lohnt sich der Aufwand allerdings kaum für einen einzelnen Film. Bis die Reprosäule aufgebaut ist und alles andere richtig angebracht und zueinander eingestellt ist, vergeht weitaus mehr Zeit, als das Abfotografieren eines Films mit 36 Aufnahmen dauert. Für solche Fälle ist es sicherlich besser, ein älteres manuelles Makroobjektiv dauerhaft im richtigen Abstand an einen Valoi easy35 zu schrauben, um diese Kombination bei Bedarf ganz einfach an das Bajonett der Kamera anzuschließen oder einen konventionellen schnellen Filmscanner wie den Plustek OptcFilm 135i zu nutzen. Das sind preiswerte Lösungen für einen eher geringen Bedarf, wie etwa zehn Kleinbildfilme pro Jahr.Negative konvertieren, Ausschnitt korrigieren

Abfotografieren ist nur ein Teil des Verfahrens. Danach erfolgt die Bildbearbeitung. Negative müssen zu Positiven konvertiert werden. Meistens sind Ränder abzuschneiden, die nicht zum eigentlichen Bild gehören. Inzwischen gibt es diverse Programme für diese Aufgabe. Vor wenigen Jahren setzte das Konvertieren von Farbnegativen zu stimmigen Positiven gute Bildbearbeitungskenntnisse voraus. Heute geht das viel einfacher. Die Filmomat GmbH, die an der Entwicklung des 135 Autocarriers beteiligt ist, bietet die Software SmartConvert an.
Sie enthält eine Auto-Crop Funktion, um die Bilder gleich richtig zu beschneiden und zu drehen. Die Bilderkennung ist nicht perfekt, häufig muss man manuell nachjustieren. Für die einzelnen Bilder können individuelle Korrekturen der Farben, des Kontrasts und der Helligkeit eingestellt werden. Das ist gut gelöst, ohne von vielen Einstellmöglichkeiten erschlagen zu werden. Die individuellen Vorgaben sind auf diese Weise schneller erledigt als spätere Korrekturen in Adobe Photoshop. Aber muss dafür Zeit einplanen. Dies kann bedeutend länger dauern, als das Abfotografieren der Dias und Negative.
Ich arbeite gerne mit VueScan und kenne das Programm ziemlich gut. Die Konvertierung der Schwarzweiß-Negative und individuellen Einstellungen der Ausschnitte (Abschneiden eines Rands, der nicht zum Bild gehört.) gelingt damit besonders gut. Allerdings versagt VueScan beim Konvertieren von Farbnegativen. Das kann SmartConvert viel besser.
Wer SilverFast HDR hat und damit vertraut ist, kann auch das sehr gut einsetzen. Die RAW-Dateien sollten zuvor durch MakeTiff zu linearen Tiffs umgewandelt werden. Beliebt sind auch Ergänzungen für Adobe Lightroom oder Photoshop, wie Grain2Pixel (gratis) und Negative Lab Pro (99 US-$).
Richtiges Sensorformat
Der Aufwand zur Bildbearbeitung verringert sich erheblich durch das Vermeiden von Rändern, die abzuschneiden sind. Fotos im Format 24 × 36 mm haben ein Seitenverhältnis von 2 : 3. Das haben auch Vollformatsensoren und die meisten APS-C Sensoren.Für das kleinere APS-C Format müssen wir nicht ganz so nahe an die Vorlagen heran wie für das größere Vollformat. Die meisten Makroobjektive von Sony, Canon, Nikon und Pentax sind für das Vollformat gerechnet, sodass ev. Schwächen in den Bildecken bei APS-C weniger zum Tragen kommen.
Auch haben wir am kleineren Sensor bei vergleichbarer Optik und Blende eine größere Tiefenschärfe. Die ist willkommen, um Wölbungen des Films auszugleichen oder wenn die Scharfeinstellung fest für eine Bilderserie erfolgt ohne zwischendurch stets den Autofokus zu nutzen. Die höhere Auflösung gegenwärtiger Vollformat-Sensoren bringt bei den allermeisten Vorlagen keine Vorteile, weil die Filme gar nicht entsprechend viele Bilddetails enthalten.
MFT Sensoren haben ein Seitenverhältnis von 3:4. Wird eine Vorlage im Format 24 × 36 mm damit digitalisiert, kann nicht die gesamte Sensorfläche genutzt werden und es wird mindestens immer ein Rand abzuschneiden sein oder man nutzt den gesamten Sensor und verzichte dabei auf einen Teil Großteil der ursprünglichen Aufnahme. Obwohl ich meine Olympus Om-D E-M1 III mit dem 60 mm Makroobjektiv wegen ihrer hohen Schärfe sehr schätze, digitalisiere ich sehr ungerne Filme mit ihr, wenn es nicht möglich ist, die wechselnden Vorlagen immer genau mit dem selben abzuschneiden Rand aufzunehmen. Gelingt das, kann er bei allen Bildern gleichermaßen durch eine Stapelverarbeitung entfernt werden, aber sobald er von Bild zu Bild ein wenig verschoben ist, geht das nicht mehr.
APS-C Sensoren mit einem Seitenverhältnis von 2:3 sind optimal.
Richten Sie den Arbeitsplatz so ein, dass die 24 × 36 mm Bilder exakt den Sensor ausfüllen, damit später kein Rand abzuschneiden ist.
Stromkabel mit Schalter
An einem festen Arbeitsplatz ist ein Schalter im Stromkabel zu empfehlen. Der lässt sich leicht selber einbauen. Von Hama gibt es passendes Netzkabel mit Schalter für 12 €.Reflexe und Streulicht vermeiden
Für optimale Ergebnisse sind Reflexe und Seitenlicht zu vermeiden. Die dunkle Röhre aus Plastik zum Aufsetzen auf den 135 Autocarrier leistet dabei gute Dienste. Damit die Kamera und das Objektiv nicht als Spiegelungen auf dem Film zu sehen sind, sollten sie möglichst schwach beleuchtet sein. Der Aufnahmeplatz steht deshalb am besten an einem schattigen Platz und nicht am Fenster im Sonnenlicht.
Beim 135 Autocarrier fiel mir die blanken Kante am Rahmen um das Bildfenster auf. Können davon ausgehende Reflexe Minderungen der Bildqualität zur Folge haben? Wer das befürchtet, kann die Kanten vorsichtig säubern (entfetten) und anschließend etwas Schultafellack oder einen anderen gut haftenden, matten schwarzen Lack mit einem feinen Pinsel darauf tupfen. Das sollten allerdings nur Leute mit gutem handwerklichen Verstand und mit den notwendigen körperlichen Fähigkeiten machen. Schließlich darf die Farbe nicht auf die LED-Leuchte kleckern oder an andere Bereiche kommen. Diese Modifkation kann die Garantie beeinträchtigen. Eventuell bessert der Hersteller nach und liefert den 135 Autocarrier zukünftig mit geschwärzten Kanten aus.
Bedienpult auch für Nikon Adapter von Filmscannern nutzbar?
Beim Testen des 135 Autocarriers erinnerte ich mich eine frühere Überlegung. Nikon stellte für seine Coolscan Filmscanner Module her, in denen Filme automatisch von Bild zu Bild weiter transportiert werden. Prinzipiell müsste man die auch als Hilfsmittel zum schnellen Abfotografieren nutzen können, sofern eine Steuereinheit die Stromversorgung und Bedienung ermöglicht. Vorstellbar wäre ein Bedienpult wie vom 135 Autocarrier. Mit entsprechender Anpassung sollten die SA-20, SA-21 und SA-30 Adapter von Nikon damit zu bedienen sein. Der SA-21 ist weit verbreitet und hat eine Begrenzung auf sechs Bilder pro Filmstreifen, die sich ganz leicht beseitigen lässt. Die nötige LED-Leuchte, etwa von CineStill mit eingebautem Akku ist preiswert. Bislang habe ich dazu noch keinen Vorschlag im Internet gelesen. Falls mir hier nichts entgangen ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis jemand dazu eine DIY-Lösung veröffentlicht.In den sozialen Medien gibt es rege Gruppen, die sich mit alten Nikon Coolscan Scannern beschäftigen. Wenn es eine gute Steuereinheit zum attraktiven Preis nur für diese Adapter gäbe, dürfte die Akzeptanz recht hoch sein. Synergetisch würde das die Bekanntheit der Produkte von Filmomat / Bobach erhöhen und es ist anzunehmen, dass manche Nutzer, die über einen solchermaßen ungewidmeten Nikon Adapter die Vorzüge des schnellen Abfotografierens von Dias und Negativen schätzen lernen, später einen 135 Autocarrier kaufen. Das Gespann Filmomat / Bobach könnte das in solchen sozialen Gruppen vorschlagen und sich nach dem quantitativen Interesse erkundigen und fragen, wieviel Geld man dafür ausgeben würde.
Bewertung
Der 135 Autocarrier hat die Messlatte für konkurrierende Produkte stark angehoben. Er ist solide gebaut und bietet drei Modi, von denen mindestens einer zu den jeweiligen Filmen oder individuellen Vorlieben der Nutzer passt. Die beste Kontrolle bietet meiner Meinung nach der manuelle Modus. Mit dem Automatikmodus lassen sich ungeschnittene Filme, idealerweise unmittelbar nach der Entwicklung und Trocknung, effizient und schnell abfotografieren. Für meinen Geschmack ist das Tempo dabei sogar zu hoch. Ich möchte wenigstens für Farbfotos PixelShift nutzen, um die Nachteile der Bayer-Matrix zu kompensieren. Der Filmtransport über das Drehrad auf dem Bedienpult ist hervorragend. Wenn das Produkt diese Eigenschaften über einen längeren Zeitraum bzw. bei häufiger Nutzung beibehält, wäre das ein starkes Argument für den 135 Autocarrier.Man darf nicht vergessen, dass für die Nutzung eine gute Reprosäule sowie eine leistungsstarke Digitalkamera mit Makroobjektiv benötigt werden. Die Komponenten müssen optimal zueinander ausgerichtet sein. Lohnt sich das bei zehn Filmen pro Jahr? Aus meiner Sicht nicht. Aber wenn man größere Mengen scannen möchte, zum Beispiel einen umfangreichen fotografischen Nachlass oder in einem gewerblichen Fotolabor ständig Filme entwickelt werden, ist der Aufwand gerechtfertigt und man spart eine Menge Zeit.
SmartConvert von Filmomat ist eine gute Software zur Konvertierung der Negative. Wer bereits andere Lösungen für sich erschlossen hat, benötigt sie allerdings nicht. Wird der 135 Autocarrier im institutionellen oder gewerblichen Rahmen eingesetzt, zum Beispiel im Museum oder in einem kommerziellen Fotolabor mit mehreren Mitarbeitern, ist SmartConvert mit spezieller Tastatur und Control Panel eine gute Lösung für effiziente, einheitliche Arbeitsabläufe.
Verhältnis Preis/Leistung: 1750 € sind kein Pappenstiel und wer kein anständiges Reprostativ oder Makroobjektiv hat, muss auch dafür noch Geld ausgeben. Allerdings sind solche Komponenten aus zweiter Hand nicht teuer. Empfehlenswert sind Reprostative mit breiten Säulen von Kaiser, die gebraucht für etwa 100 € erhältlich sind. Auf meinen Bildern sieht man eine DSLR an einem Balgengerät von Novoflex (gebraucht ab 30 €) mit einem Rodenstock Apo Rodagon D F4/75 mm (gebraucht 200 €). Bessere Vergrößerungsobjektive von Schneider Kreuznach, Rodenstock, Nikon oder Meopta mit Brennweiten zwischen 50 und 80 mm aus alten Dunkelkammern sind immer noch günstig zu erwerben und gut für den Zweck zu gebrauchen. Wenn man solche Teile nur zum Abfotografieren der Filme einsetzt, kann man alles ständig montiert lassen und braucht bei Bedarf nur das Kameragehäuse anzuschließen. Wie schon erwähnt, lohnt sich das nicht für zehn Filme pro Jahr. Aber wer ein deutlich höheres Volumen hat und sich in diese Technik einarbeitet, wird die Zeitersparnis zu schätzen wissen. Dann stimmt auch der Preis.
Wünsche: Einfaches tethered shooting mit automatischer Konvertierung der Negative und Möglichkeit, Bilderserien beliebig zu benennen. Dabei böte das größere Display zur genauen Positionierung der Vorlagen und Kontrolle der Scharfeinstellung Vorteile. Zum Teil ist das bereits machbar, aber bislang nicht gut dokumentiert oder als Arbeitsfluss beschrieben.
Fazit: Der 135 Autocarrier ist hervorragend und bietet sogar noch Verbesserungspotenzial!
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Negative konvertieren
Zum Invertieren von abfotografierten Negativen gibt es diverse Lösungen. Wir beschreiben einige:
Negative zu Positiven wandeln
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