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Mikrofotografie am Mikroskop

2016 © Thomas Gade

Ist die konventionelle Adaptierung einer Kamera an ein Mikroskop falsch?

Bei den bislang geschilderten Konstruktionen zum Anschluss einer Kamera an ein Mikroskop beschleicht einen die Frage, ob man mit solchen Turmbauten zu Babel nicht auf dem Holzweg ist. Fassen wir mal die Nachteile der Montage einer Kamera an ein Mikroskop zusammen:

- aufwändige Recherche nach passenden Adaptern
- kostspielig
- erschütterungsempfindlich
- selten optimaler Ausschnitt, weil Anpassungsoptik nicht zum Format des Sensors passt

Der hochaufragende Aufbau aus ineinander gesteckten Fototuben mit der obenauf montierten Kamera ist durch seine vielen Teile und Länge immer etwas instabil und anfällig für Schwingungen.





Richtig oder falsch?


Solche Aufbauten sind kompliziert und reagieren durch ihre Länge und das Gewicht der Kamera empfindlich auf Erschütterungen. Für jedes Sensorformat muss eine andere Lösung gefunden werden. Geht das nicht anders?

Reprostativ statt Mikroskopdapter

Viel einfacher ist es, eine gute Reprosäule zu nehmen, die eine Kamera in der richtigen Position über ein Mikroskop hält. Fast immer befindet sich ein Fototubus am Trinokular senkrecht über dem Objektiv. Auch wenn man das Trinokular dreht, um einen bequemeren Einblick in die Okulare zu haben, wandert der Fototubus nicht seitwärts aus, sondern ist quasi die Drehachse.

Deshalb kann man ein Mikroskop auf das Grundbrett einer Reprosäule unter eine daran befestigte Kamera stellen. Nach der richtigen Positionierung verrutscht das Mikroskop durch sein Gewicht bei normaler Handhabung nicht.

Eine gute Reprosäule trägt eine Kamera so stabil, dass minimale Erschütterungen vom Verschluss unbedeutend sind. Das vom Adapter und der Kamera befreite Mikroskop neigt nicht mehr zum Schwingen, sodass auf diesem Wege ein besserer Aufbau zustande kommt, als mithilfe von fragwürdigen Adaptern, die für jedes Kamerasystem individuell eingestellt und beschafft werden müssen. Die Mittel, die man für solche Mikroskop Adapter ausgibt, kann man besser für Fototechnik investieren, die universell verwendbar ist, also auch in anderen Bereichen. Die Reprosäule erlaubt zudem ein feines Justieren des Abstandes zwischen Kamera und Okular. Schön ist dabei, dass man sieht, was man tut und somit eine Kontrolle möglich ist, die beim geschlossenen Adapter nicht möglich ist.


Mikroskopfotografie mit der Reprosäule von Kaiser.

Wir probierten mit einem Leitz Ortholux II, ob dieses Verfahren funktioniert. An der Reprosäule befand sich eine Pentax DSLR mit APS-C Sensor. Testweise wurden mehrere kurz gebaute Festbrennweiten-Objektive mit 28 mm, 40 mm und 55 mm eingesetzt, die jeweils nur wenige Millimeter über den getesteten Okularen schwebten. Dazu zählten: Zeiss Kpl W 10x/18, Leitz Periplan GF 12,5x, Zeiss MF-Projektiv 6,3:1 und ein Zeiss MF-Projektiv 4:1.

Mit allen Kombinationen konnten gute Abbildungen realisiert werden. Je nach Okular und Objektiv wurde ein Ausschnitt des kreisrunden Bildes aufgenommen oder war der Rand (teilweise) zu sehen. Das Einstellen des Abstandes zwischen Objektiv und Okular ist einfach, weil man im Sucher oder auf dem Display der Kamera sieht, ob das Bild gleichmäßig ausgeleuchtet ist.

Mit dem SMC Pentax-M 40 mm und einem Zeiss KPL W 10x kamen mit den planapochromatischen Leitz Objektiven die schärfsten Bilder zustande. In der Praxis sollte am Objektiv eine Sonnenblende sein, um Streulicht zu verhindern.

Mithilfe einer Wasserwaage kann man Mikroskop und Kamera gut zueinander ausrichten. Unser Reprostativ hatte sowohl an der Säule als auch an der Halterung für die Kamera je eine runde Wasserwaage bzw. eine Dosenlibelle.

Zudem lassen sich nun verschiedene Kameras, wie digitale Kompaktkameras bis hin zum Smartphone auf die gleiche Weise mittels der Reprosäule ohne Adapter verwenden.


Fujifilm FinePix F60fd am Mikroskop

Sony RX 100 IV am Mikroskop

Ausrichtung und Abstand

Kann man mit dem Auge in ein Okular blicken und ein Bild sehen, dann kann man es auch fotografieren, indem eine Kamera mit ihrem eigenen Objektiv anstelle des Auges in das Okular blickt.

Für jedes Okular gibt es einen sogenannten Augenabstand. Er beträgt bei modernen Okularen ca. 16-20 mm, damit Brillenträger mit aufgesetzter Brille hinein blicken können. Beim Einblick in das Okular findet man von selbst den richtigen Abstand. Dabei befindet sich die Iris des Auges ungefähr in dem Abstand vom Okular, der als Augenabstand bezeichnet wird.

Wenn nun anstelle des Auges ein Fotoobjektiv vor das Okular gebracht wird, sollte wie beim Auge der Abstand stimmen. Der lässt sich mit der Reprosäule optimal einstellen, was an der gleichmäßigen Ausleuchtung im Sucher erkennbar ist. Mit starren Adaptern ist das so leicht nicht möglich.

Welche Objektive sind geeignet?

Das Fotoobjektiv wirft das Bild des Mikroskops auf den Sensor und passt es seiner Größe an. Dazu muss die richtige Brennweite ermittelt werden. Bei Systemkameras sind Festbrennweiten vorzuziehen, weil Zooms optisch oft gar nicht in den Aufbau passen. Unter den digitalen Kompaktkameras mit kleinem Zoombereich gibt es Modelle, die am Mikroskop funktionieren, jedoch sind sie kaum noch zu finden, weil die Zoomobjektive mittlerweile sehr große Verstellbereiche haben und deswegen optisch und baulich nicht mehr geeignet sind. Am ehesten findet man solche Kameras in der Sparte Unterwasserkamera, weil hier weit herausfahrende Objektive vermieden werden.

An der DSLR oder auch spiegellose Systemkameras mit Sensoren im APS-C Format oder größer sind kompakt gebaute Objektive einsetzbar. Canon und Pentax haben jeweils ein sogenanntes Pancake mit 40 mm Brennweite im Programm. Das sind äußerst flache Objektive, die sehr gut zur Mikroskopie einsetzbar sind. Aber auch andere Festbrennweiten zwischen 28 mm und 50 mm können bei kompakter Bauweise eingesetzt werden.


Welche Brennweiten für verschiedene Sensorformate?

Sensorformat Abmessungen Brennweite Objektive
CX Format 8,8 x 13,2 mm   Nikkor 10-30 mm
Four Thirds 13 x 17,3 mm   Kit-Zoom
APS-C / DX 15 x 26 mm 40 mm Pentax oder Canon Pancake-Objektiv
Vollformat 24x36 mm 60 mm  

Smartphone am Mikroskop

Das Smartphone ist aus dem Alltag vieler Menschen gar nicht mehr wegzudenken. Sie haben es immer dabei und was liegt näher, als damit am Mikroskop zu fotografieren? Ob beim Arzt, in der Materialprüfung oder im Studium - einfacher kann man die Bilder nicht aufnehmen und gleich teilen.



Für alle Smartphones gibt es passgenaue Schutzschalen. Man kann mit Klettband oder beidseitigem Klebeband oder mit Magnetfolie eine schnelle und gute Befestigung an der Reprosäule realisieren.



Zum Fotografieren wird das Smartphone einfach in die Schutzschale gelegt.

Legt man das Smartphone an das Okular, zeigt das Display ein kreisförmiges Bild auf dunklem Untergrund. Um einen rechteckigen Ausschnitt aufzunehmen, bei dem die runden Ecken gerade eben aus dem Bildfeld verschwunden sind, muss man zoomen. Da Smartphones keinen optischen Zoom haben, sondern nur einen digitalen, wird nur ein Teil des Sensors zur Aufnahme genutzt. Deswegen muss man Abstriche bei der Auflösung hinnehmen. Sie ist mit einem modernen Smartphone aber höher als bei den VGA und Full-HD Mikroskopkameras.

Wenn es möglich ist, eine Kamera an einer stabilen Reprosäule über ein Mikroskop zu positionieren, ist dies oft der beste Weg. Alles andere artet in eine ermüdende Suche nach „der“ richtigen Lösung aus, die keine besseren Bilder ermöglicht - eher schlechtere - und mit einem beträchtlichen zeitlichen Aufwand für Recherchen und überflüssigen Ausgaben für wackelige Adapter einhergeht.

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