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Pentax 17

Kleinbildkamera für 35mm Film, analoge Fotografie

2024 © Thomas Gade


Bewertung

Die Kamera ist gut gebaut. Nichts klappert, alles passt auf Maß. Die Bodenplatte und obere Abdeckung bestehen aus Metall. Die dunklen Seiten werden aus Kunststoff gefertigt, der einen robusten Eindruck macht. Die Verschlusshaken für die Rückwand sind aus Metall und können deshalb bei üblicher Belastung nicht abbrechen. Das ist nicht selbstverständlich und ein wichtiger Pluspunkt für die Pentax 17.

Erfahrene Fotografen hätten neben einer Belichtungsautomatik sicherlich gerne die Möglichkeit, die Blende und Belichtungszeit selbst einzustellen. Das geht bei der Pentax 17 nicht. Bei Langzeitbelichtungen mit B steht die Blende auf 3,5. Es wäre besser, eine kleinere Blende verwenden zu können, um Abbildungsfehler zu verringern.

Zum Lieferumfang gehören neben der Kamera ein Deckel und ein Handriemen. Da die Pentax 17 eine hohe Aufmerksamkeit in den sozialen Medien erlebt, kann sie als Lifestyle Accessoire betrachtet werden. Wer mit ihr gesehen werden möchte, trägt sie lieber am Halsband oder Schulterriemen, der bei anderen Pentax Kameras dazu gehört. Schön wäre auch eine klassische Fototasche, die bei digitalen Systemkameras durch das Display und Bedienelemente auf der Rückseite nicht möglich ist.



In diese Bresche springen andere Anbieter. Auf etsy.com werden oben offene Hüllen (Halbschale / Half Case) aus Leder für etwas über 40 € von ‚Martin Duke‘ aus Taiwan angeboten.



Um die Kamera interessanter zu machen, kann man sogar spezielle Griffe aus Metall und Holz bestellen, um den gewölbten Plastikdeckel über den Batteriefach zu ersetzen.



Damit nicht genug. Es ist auch möglich, die Pentax 17 mit andersfarbigen Oberflächen zu bekleben. Ursprünglich wurden solche Produkte eingeführt, um verschlissene Belederungen alter Kameras zu ersetzen. Offenbar glauben die Hersteller an ein Kaufinteresse bei Besitzern der neuen Pentax 17. Wer sein Exemplar vom Einheitslook abheben möchte, kann das leicht realisieren.



Beim renommierten Fotogeschäft B & H in New York ist die Pentax 17 als Top Seller gelistet.

YouTube

Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos über die Pentax 17. Nach 2-3 Filmen hält sich jeder für einen Experten. Klar ist, dass diese Kamera Stoff für Veröffentlichungen bietet. In einem Interview mit dem Management von Pentax heißt es, dass die Bestellungen die Erwartungen weit übertreffen.

Frage: “Do you think it was a risky decision?”
Pentax: “Of course it was a risky decision. We don’t have any market data as a solid basis.”  
Frage: “Did you expect this level of success?”
Pentax: “This is far bigger, than we expected.”

Zielgruppe

Für wen ist diese Kamera gemacht? Für junge Leute, die in die analoge Fotografie einsteigen möchten und diese Kamera als Lifestyle Accessoire sichtbar mitnehmen? Vermutlich, wie das von Dritten hergestellte Zubehör betont.

Aus meiner Sicht unterscheidet sich diese Kamera nicht stark von diversen älteren Fotoapparaten mit ähnlichen technischen Daten und vergleichbarem Bedienkonzept, die im guten Zustand für zweistellige Beträge aus zweiter Hand zu erhalten sind. Das Halbformat ist jedoch ungewöhnlich. Ich nahm an, dass erfahrene analoge Fotografen mit guter und umfangreicher Fototechnik einen Bogen um die Pentax 17 machen würden, weil sie technisch keinen signifikanten Mehrwert gegenüber einer guten Kompaktkamera oder Spiegelreflexausrüstung zu haben scheint und bei einem Preis von ca. 500 € nicht so billig ist, dass man sie sich mal eben so zusätzlich den anderen, bereits vorhandenen analogen Fotoapparten anschafft. Aber in den sozialen Medien outen sich einige alte Hasen als neue Besitzer dieser Kamera und zeigen Ergebnisse oder diskutieren, wie man die Halbformat-Fotos digitalisiert.

Als ich am Tegeler See von einem Steg Fotos von Wasser und den Booten mit der Pentax 17 aufnahm, kam der Hafenmeister vorbei, der sich nicht die Bohne für Computer interessiert, aber außer seinem alten Smartphone auch keinen Fotoapparat besitzt.

„Lieber die, als eine verdammte Digitalkamera.“, meinte er. Ich reichte ihm die Kamera, zeigte ihm dem Hebel zum Spannen und den Auslöser sowie den Drehring mit den Symbolen am Objektiv und bat ihn, ein Foto von mir zu machen. „Das weiß ich doch.“, sagte er, nahm die Kamera und kam auf Anhieb damit zurecht. Ein älteres Ehepaar gesellte sich dazu und staunte. „Gibt es heute noch Filme? Kann man die noch entwickeln lassen?“, wollte der Mann wissen. Beide hatte moderne Smartphones in der Hand und waren trotzdem sehr an dieser Kamera interessiert.

Bildqualität

Kommen wir zur Bildqualität. Im Laufe einiger Jahrzehnte habe ich diverse Filmformate vom winzigen Minox-Bild bis hin zum 4 × 5 inch Planfilm genutzt. Aus diesen Erfahrungen ist mir bekannt: Kleine Formate liefern nur mit feinkörnigen Filmen und sehr guten Optiken detailreiche, scharfe Bilder. Das dreilinsige Objektiv der Pentax 17 ist in Ordnung, aber mit einer besseren Version könnte man mehr aus dem Halbformat herausholen. Hier gibt es Verbesserungspotenzial für ein Folgemodell.




Pentax 17 auf einigen Drucken von gescannten Negativen. Wegen des kleinen Aufnahmeformats sind digitale Kontaktabzüge im Format Din A3 besser als Din A4 Prints.


Meine Negative wurden mit diversen Scannern mit jeweils höchster Auflösung gescannt. Dazu gehörten folgende Scanner: Nikon Coolscan 4000, Plustek OpticFilm 135i, Epson Expression 10.000 XL und der Epson Perfection V750 Pro. Außerdem habe ich die Negative mit einer Pentax K-70 (DSLR mit 24 MP) und einem smc Pentax-FA 2.8 / 50 mm Makroobjektiv abfotografiert.

Pixel Peeping am 4K / 27 Zoll-Monitor ist zur Bewertung analoger Bilder auf kleinen Aufnahmeformaten nicht die beste Methode. Auf dem Bildschirm haben die Fotos bereits eine Größe von 42 × 30 cm. Es ist besser, die Bilder auf Din A4 und Din A3 auszudrucken oder im Labor zu vergrößern, um sie richtig beurteilen zu können. Beim Druck der Bilder auf DIN A4 wirken Details leicht weich gezeichnet. Bessere Ergebnisse sind durch Schärfen der digitalen Bilder zu erreichen. Für gute Einstellungen sind mittlere digitale Bildberarbeitungskenntnisse nötig. Eventuell hilft eine Software wie Topaz Photo Ai, die selber optimale Einstellungen sucht. Wie bei vielen Methoden muss man sich auch hier erst einfuchsen.


Ausschnitt mit drei Fotos aus einem digitalen Kontaktabzug des gesamten Film mit einem Epson Expression 10000XL Flachbettscanner.

Spielt es eine Rolle, ob das Objektiv der Pentax 17 die Möglichkeiten des Halbformats ganz oder nur teilweise ausschöpft? Vermutlich nicht. Wir haben uns an eine hohe Bildqualität aus digitalen Kameras und Smartphones gewöhnt. Sie ist alltäglich und selbstverständlich. Wahrscheinlich erwarten viele Nutzer von einer analogen Kamera dieses Typs gar keine Perfektion, sondern einen sogenannten analogen Look, der eben durch das Korn des Films, nicht digital korrigierte Abbildungsschwächen der Objektive und vom Film bestimmten Farben zustande kommt. Für Facebook, Instagram und andere soziale Medien sind die Ergebnisse der Pentax 17 perfekt.

In einem Seite an Seite Vergleich der Pentax 17 mit der ebenfalls neuen Rollei 35 AF (2.8 / 35 mm Objektiv aus 5 Linsen) weist die YouTuberin Lucy Lumen auf die höhere Abbildungsqualität der Rollei hin. In punkto Aussehen und Bedienung gefällt ihr die Pentax 17 jedoch besser als die Rollei. Sie folgert daraus, dass sie beide Kameras haben möchte.

Fazit

Es ist erstaunlich und erfreulich, dass Ricoh eine neue analoge Pentax Kamera herausgebracht hat und vom Management zu hören ist, dass weitere folgen sollen. Die überraschend hohe Aufmerksamkeit und der Erfolg der Pentax 17 sind wichtig, um Ricoh zu Produktion weiterer analoger Kameras zu motivieren.

Man wird aus den Stärken und Schwächen der Pentax 17 lernen. Das Halbformat ist in Ordnung, vor allem, weil sich dadurch die Kosten für Filme und Entwicklungen halbieren. Sparfüchse können bis zu 78 Aufnahmen auf einen 36'er Kleinbildfilm quetschen. Die kürzeste Belichtungszeit von 1/350 s sollte man berücksichtigen, wenn Unschärfe durch Bewegung der Motive entstehen kann.

Warum sollte man 550 € ausgeben, wenn es noch so viele billige analoge Kameras von früher gibt? Erstens, um Ricoh einen Grund zu geben, weitere Pentax Kameras für Filme zu bauen, die mehr können, als aktuelle Billigprodukte. Zweitens, weil die Pentax 17 mit Garantie verkauft wird und keine altersbedingten Mängel mitschleppt. Drittens ist es eine gute Kamera, mit der das Fotografieren Spaß macht.

Für eine optimale Ausnutzung des Halbformats kann die Abbildungsqualität bei zukünftigen Modellen noch verbessert werden. Vielleicht folgt eine Version mit Autofokus oder es erscheint tatsächlich eine analoge SLRs für das Halbformat, die mit den aktuellen APS-C Objektiven kompatibel sind. Das könnte erheblich zur Stärkung der Marke Pentax beitragen.




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