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Reflecta ProScan 4000

November 2003 © Autor: Thomas Gade

Der Reflecta ProScan 4000 ist ein spezieller Scanner für 35mm Filmstreifen (Kleinbild). Er kann unzerschnittene Kleinbildfime in einem Durchgang scannen. Der Hersteller ist wie, bei allen von Reflecta vertriebenen Scannern, die Fa. Pacific Images Electronics (www.scanace.com), deren baugleiche Scanner unter verschiedenen Namen auf den Markt kommen.

Lieferumfang

Der Reflecta ProScan 4000 Filmscanner wird mit folgendem Zubehör geliefert: Scanner, Netzteil, Stromkabel, Firewirekabel, USB-Kabel, Adobe Photoshop Elements, Treibersoftware Cyber View X, einem Diarahmen und der Anleitung.


Anleitung

Die Anleitung beschreibt in mehreren Sprachen, wie das Gerät anzuschliessen ist und die Bedienung des Programms. Beim Installieren des Scanners unter Windows XP und Windows Millenium an einem PC mit AMD 2600+ CPU, 1 GB Arbeitsspeicher und MSI K6 Delta Mainboard ergaben sich keine Schwierigkeiten.

Software

Die Bedienung von Cyberview X erschliesst sich relativ leicht. Die Anleitung beschreibt die grundsätzlichen Einstellungen. Den vollen Funktionsumfang und die Leistungsfähigkeit wird man durch eigene Versuche kennenlernen. Die Standardauflösung des Scanners liegt bei 1800 dpi, kann aber in der Einstellung auf andere Werte verändert werden. Die Ausgabe lässt sich auf 8 Bit oder 16 Bit einstellen. Cyberview bietet die üblichen Optionen: Drehen, Spiegeln, Einstellung der Auflösung, Bearbeitung der Tonwertkurve, Helligkeit und Kontrast. Beim Vorscan und dem eigentlichen Scan kann man ein Einzelbild, einen ganzen Filmstreifen oder ausgewählte Bilder aus der Bildleiste wählen. Zudem gibt es die Funktionen ICE zur Schmutz- und Kratzererkennung, GEM zur Kornreduzierung und ROC zur Rekonstruktion von veränderten Farben bei alten Filmen.

Alternativ kann man mit VueScan arbeiten. Die Software gibt es auf folgender Website: www.hamrick.com . VueScan bietet eine gute Kontrolle über den Scanvorgang. Besonders Schwarzweissfilme, die ich mit Cyberview nicht scannen konnte, gelangen mit VueScan tadellos. Zum Zeitpunkt dieses Test gab es noch keine SilverFast-Version für den Reflecta ProScan 4000.

Scannen

Der Reflecta ProScan 4000 ist ein Automat, der für das Scannen von Filmstreifen konzipiert wurde. Erfreulicherweise kann er unzerschnittene Kleinbildfilme in voller Länge automatisch scannen, sofern das übliche 24x36 Aufnahmeformat verwendet wurde. Für diesen Zweck ist der Reflecta ein Spezialist, der in seiner Preisklasse keine Konkurrenz hat. Erst der Nikon Coolscan 4000 bietet mit einem zusätzlichen Modul die gleiche Möglichkeit. Der Preisunterschied ist erheblich. Der Reflecta kostet nur ein Fünftel des Nikon.

Schwarzweissfotos

In vielen Archiven schlummern haufenweise alte Schwarzweissfilme. Sie werden als Filmstreifen mit 4 bis 6 Bildern Länge oder unzerschnitten gerollt in alten Filmdosen aufbewahrt. Wie geht der Proscan damit um? Der Testfilm hat einen starken Grauschleier und ist verkratzt. Die ICE-Funktion kann leider nicht mit konventionellen Schwarzweissfilmen verwendet werden. Die Software interpretiert das Filmkorn als Schmutz und erzeugt völlig entstellte Dateien.

Beim Scannen mit Cyberview lässt sich der Filmtyp einstellen. Erstaunlicherweise lassen sich Graustufenbilder nur als RBG-Daten ausgeben. Sie sind somit dreimal so gross wie nötig. Bei 3600 dpi und 16 Bit benötigt ein Bild 100 MB. Alternativ setzte ich die bewährte Software VueScan ein. Cyberview 1.0 war nicht in der Lage, ein vernünftiges Bild zu erzeugen. Mit VueScan gelang das problemlos. Zudem dauerte der Scan mit Cyberview länger als mit VueScan.

Tipp: Wer gerne schwarzweiss fotografiert und seine Filme scannen möchte, sollte welche verwenden, die im Colorprozess entwickelt werden, z.B. den Ilford XP2. Bei ihnen funktioniert sogar die ICE Funktion.

links:
3600 dpi, 16 Bit mit Cyberview (ohne ROC oder GEM)
rechts:
3600 dpi, 16 Bit mit VueScan (ohne ROC oder GEM)

An diesem krassen Unterschied kann man gut erkennen, wie wichtig eine gute Software ist.

Farbnegative

links:
Reflecta Proscan, Cyberview Einstellung: 3600 dpi, ICE
rechts:
Nikon Coolscan 4000, VueScan Einstellung: 4000 dpi, ICE

Farbnegative sind heikel. Sie haben eine rötliche Maskierung und eine Farbstimmung, die von Filmtyp zu Filmtyp sehr unterschiedlich sein kann. Die obigen Aufnahmen wurden auf einem Fuji Superia mit 200 ASA bei relativ tief stehender Sonne aufgenommen. Beim Scannen wurde keine Unscharf Maskierung aktiviert.

Schärfe und Auflösung

Eine Detailvergrösserung aus den obigen Scans zeigt, dass der Nikon feiner auflöst als der ProScan 3600.

Reflecta Proscan 4000, 3600 dpi, ICE Nikon Coolscan 4000, 4000 dpi, ICE


Bei einem früheren Vergleich mit dem Reflecta ProScan 3600 war kein so deutlicher Unterschied in der Auflösung erkennbar. Der ProScan 4000 zeichnet die feinen Details so weich, dass die Funktion GEM nicht eingeschaltet werden sollte.

Dias

Beim ersten Versuch mit der Software Cyberview gab es ein seltsames Erlebnis nach dem Vorscan. Ich wollte einen Ausschnitt festlegen. Der gezogene Rahmen sprang jedoch auf eine andere Einstellung zurück. Es erschien die Meldung, daß Felder entsperrt werden müssen. Im Einstellungsfenster gab es Symbole, die wie ein Vorhängeschloss aussehen. Ich klickte auf eines bis der Bügel offen stand. Daraufhin schloss sich das Programm! Beim zweiten Versuch klappte es. Die Scans mit Cyberview und VueScan brachten häufig sehr unterschiedliche Ergebnisse, wobei VueScan mit grossem Abstand die besseren Dateien erzeugte.

links: Nikon mit Silverfast, 4000 dpi, ICE
mitte: Reflecta Proscan 4000 mit Cyberview, 3600 dpi, mit ICE
rechts: Reflecta Proscan 4000 mit VueScan, 3600 dpi, ohne ICE

Der schwarze vertikale Balken an den rechten Rändern der Proscan-Dateien war sonderbar. In beiden Programmen war der Ausschnitt so gewählt worden, dass der Rand abgeschnitten war. Dennoch scannte der Reflecta Proscan 4000 einen Bereich mit diesem Rand.

Die mit VueScan erzeugten Dateien des Reflecta Proscan 4000 gerieten hervorragend. Dahingegen zeigte schon das Histogramm der Cyberviewscans, dass diese Software nicht ausgereift war. VueScan bot zum Zeitpunkt des Tests noch keine Unterstützung der Schmutzerkennung und -beseitgung an.
(2004-06 Nachtrag: VueScan unterstützt ICE ab der Version 8.06)


links: Nikon Coolscan 4000 mit Silverfast
mitte: Reflecta Proscan mit Cyberview X, 3600 dpi
rechts: Reflecta Proscan mit VueScan, 3600 dpi

Die Detailvergrösserungen zeigen, daß der Nikon Coolscan 4000 und der Reflecta Proscan mit VueScan gute Ergebnisse bringen. Cyberview betont die Schatten. Durch die Kontrasterhöhung wirkt das Ergebnis scharf, doch die genauere Betrachtung zeigt, daß in den dunklen Partien erheblich Zeichnung verloren geht. Rechts neben dem Schnabel kann man auf dem Cyberviewscan erkennen, daß die hellen Federn bläulich werden.

Sonstige technische Eigenarten:

Der Reflecta ProScan 4000 wird über ein Netzteil mit Strom versorgt. Die Scangeschwindigkeit eines Dias beträgt mit 3600 dpi ohne ICE ca. 1,5 Minuten. Seine Geräuschkulisse ist recht vielseitig. Er gibt Laute in vielen Tonlagen von sich, die auf ein bewegtes Innenleben hinweisen. Scannen und im selben Raum Musik hören oder gemütlich lesen geht nicht. Der Scanner verlangt einiges vom Computer (2600+ mit 1 GB RAM und Win XP). Wenn er scannt, geht parallel fast nichts mehr. Der Dichteumfang dieses Scanners wird mit 3,6 angegeben. Die Farbfilme, die für diesen Bericht mit dem Proscan gescannt wurden, erfasste VueScan ohne Abrisse in den Lichtern und Schatten.

Es ist anzunehmen, daß dieses Gerät von anspruchsvollen Amateurfotografen, die noch eine Weile auf konventionellem Filmmaterial arbeiten möchten, eingesetzt wird. Bei den dort anfallenden Filmmengen ist die Scanzeit relativ unwichtig, da der Scanner einen unzerschnittenen Film ohne grosse Probleme verarbeitet. Wer morgens vor dem Weg zur Arbeit einen kompletten, unzerschnittenen Film reinsteckt und abends noch einen weiteren durchlaufen lässt, wird seine Filme rasch digitalisiert haben. Zu erwähnen ist noch die Filmeinfädelung. Es erfordert Fingerspitzengefühl, den Film so in den Schlitz zu bekommen, dass er vom Transportmechanismus angenommen wird.

Fazit

Der Reflecta ProScan 4000 bietet Möglichkeiten, die von der mitgelieferten Software nicht optimal genutzt werden. Schwarzweissbilder werden (noch) im RGB Modus gescannt und haben bei voller Auflösung im 16 Bit Modus eine Größe von 100 MB. Es ist sinnvoll, mit VueScan zu arbeiten, um den Scanner optimal zu nutzen.

Unter Berücksichtigung seines Preises ist der ProScan ein gutes Gerät für unzerschnittene 35mm Farbfilme. Die Verwendung des ProScans mit kurzen Filmstreifen, Einzeldias oder gar einzelner Negative, die zuerst in einen Diarahmen montiert werden müssen, macht aufgrund der langen Kalibrier- und Messvorgänge weniger Freude.
 

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