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Zeiss Ikon Icarette 500/2


2017/2020 © Thomas Gade

Die Zeiss Ikon Icarette 500/2 ist eine Klappbalgenkamera für 120er Mittelformatfilm und nutzt das Aufnahmeformat 6x9. Sie wurde von 1930 bis 1934 produziert.


Faltkamera Zeiss Icon Icarette 500/2 für 6x9 Aufnahmen auf Rollfilm

Technische Daten

Hersteller Zeiss Ikon AG
Bezeichnung Icarette 500/2
Produktion 1930 bis 1934
Verschluss FD 130 Compur
Verschlusszeiten T, B, 1, 2, 5, 10, 25, 50, 100, 250
Film 120 Film / Mittelformat
Aufnahmeformat 6x9
Anzahl Fotos 8
Sucher Brillantsucher (schwenkbar), Rahmensucher mit Visier
Objektiv Zeiss Tessar 1:4,5 f / 10,5 cm / 105mm
Gewicht 731 g



Seitenansicht. Unterhalb des Schlittens befindet sich eine herausklappbare Leiste, damit die Kamera ohne Stativ aufgestellt werden kann.


Die betagte Zeiss Ikon Icarette 500/2 ist für den 120er Rollfilm konstruiert.


Seitenansicht. Das Objektiv kann etwas nach oben und unten bewegt werden, um stürzende Linien zu korrigieren.

Solche Kameras können noch gut funktionieren und 120er Rollfilme gibt es immer noch. Der Balgen muss lichtdicht sein und die Optik sollte klar sein und nicht getrübt. Die Mechanik ist bei gepflegtem Umgang und guter Lagerung meistens immer noch brauchbar.


Scharfstellschieber mit Skala


Zusammengeklappte Zeiss Ikon Icarette 500/2

Kann man damit noch fotografieren? Ja!

Meine Zeiss Ikon Icarette 500/2 war beim Test im Jahre 2020 mindestens 86 Jahre alt. Beim Begutachten und Ausprobieren schien alles immer noch einwandfrei zu funktionieren. Aber stimmten die Zeiten des Verschlusses noch einigemaßen? War der Balgen noch lichtdicht? Bildete das Objektiv scharf ab?

Im Kühlschrank fand ich noch einen Fujifilm Neopan 400 Rollfilm (Schwarzweiß-Negativ), der auch schon einige Jahre auf dem Buckel hatte. Eine Leerspule war ebenfalls vorhanden. Es dauerte einen Moment bis ich bemerkte, dass die Spulenhalter herausgeklappt werden mussten, um den Film und die Leerspule einzulegen. Nach dem Zuklappen des Rückdeckels wurde der Schieber vor dem runden Fenster mit Rotfilter geöffnet und der Film bis zum Auftauchen der Zahl 1 vorgespult. Es war sonnig. Beim 21 Din/100ASA (= ISO 100) Film hieß es: "Sonne lacht, Blende 8!" Dazu gehörte die Verschlusszeit 1/125 s. Für den ISO 400 Film stellte ich Blende 11 ein und 1/250 s. Die Belichtungsmessung ersparte ich mir.



Digitaler Kontaktabzug vom Film

In einer Marina am Tegeler See in Berlin enstanden die Testfotos im August bei hochstehender greller Sonne. Unter diesen Lichtbedingungen musste eine Undichtigkeit des Balgens auffallen. Zum Scharfstellen wurde die Entfernung geschätzt. Ganz exakt musste das nicht erfolgen, weil die Schärfentiefe mit Blende 11 relativ groß war. 1/250 s war die kürzeste einstellbare Belichtungszeit am FD Compur-Verschluss der Zeiss Ikon Icarette 500/2. Ich fotografierte aus der Hand. Beim Weiterspulen kam ich bis zur Zahl 9. Später stellte sich heraus, dass nur 8 Bilder aufgenommen werden konnten und durch die neunte teilweise eine Überlappung mit dem achten Bild zustande kam.

Der Film wurde in Kodak D76 im Mischverhältnis 1:2 entwickelt. An dem heißen Sommertag hatte der Entwickler eine Temperatur von 25° C. Es wurde 10 Minuten entwickelt. Beim Aufhängen des nassen Films nach der Entwicklung zum Trocknen war die Überraschung groß. Der Balgen war dicht; es hatte keinen Lichteinfall gegeben! Auch durch das kleine Guckfenster auf der Rückseite war kein Licht auf den Film gelangt. Er war auch nicht überbelichtet, sondern die Negative erschienen fast zu gut, um wahr zu sein. Die kurze Verschlusszeit schien somit einigermaßen zu stimmen.

Und die Bildqualität? Noch nass an der Klammer hängend, ermöglichte eine Lampe hinter dem Film eine ersten Prüfung mit einer starken Lupe. Erstaunlich, die Bilder waren richtig scharf!



Schöne Bildqualität!



Ausschnitt aus dem Bild. Mein Epson Expression 10000xl Scanner nutzte im besten Fall eine reale Auflösung von 2150 dpi bei eingestellten 2400 dpi. Man konnte sicherlich mit anderer Technik noch mehr erreichen, allerdings war dieses Ergebnis schon ziemlich gut für die alte Klappkamera mit unvergütetem Zeiss Tessar 4.5/105mm Objektiv.

Vorteil heute: Sehr lichtempfindliche Filme

Lichtempfindliche moderne Filme ermöglichen in der Praxis bessere Fotos, weil freihändig mit 1/250 s fotografiert werden kann und für mehr Schärfentiefe gleichzeitig die Blende verkleinert werden darf.

Als die Zeiss Ikon Icarette 500/2 produziert wurde, hatten handelsübliche Filme Empfindlichkeiten zwischen ISO 12 bis 50. Blende 11 mit 1/250 Sekunde waren gleichzeitig gar nicht zu nutzen. Solche Filme brauchten etwa 8 bis 20x so viel Licht wie moderne ISO 400 Filme. Mitte der 1950er kamen ISO 200 Filme auf den Markt, wie der Kodak Tri-X. Von ISO 400 bis 1000 (gepusht auch ISO 3200) moderner hochempfindlicher Filme mit gleichzeitig noch feinem Korn konnte man damals nur träumen.

Fazit

Mit dieser Kamera zu fotografieren, macht Spaß. Sie ist erstaunlich kompakt für ihr großes Aufnahmeformat. Auch sind die Anforderungen an filmtaugliche Flachbettscanner nicht so hoch wie für den kleinen 35mm Film. Ähnliche Kameras kann man auf Flohmärkten oder in Kleinanzeigen immer noch als Schnäppchen für zweistellige Beträge finden.



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