Corel AfterShot Pro
September 2012 © Thomas GadeCorel AfterShot Pro ist vielen Fotografen durch seinen Vorgänger Bibble Pro bekannt. Corel erwarb das Unternehmen 2011 und hat dessen Softwareentwickler übernommen, wie Bibble Labs im Januar 2012 bekannt gab. Bibble gab es in den Versionen Lite und Pro. Die Pro-Version mit erweitertem Umfang kostete 169,99 Euro. Der Wechsel zu Corel sorgte gleich für eine erfreuliche überraschung: AfterShot Pro ist inzwischen ab 45 € zu haben und nicht zuletzt deswegen zu einem äußerst attraktiven Produkt geworden.
Diese Entwicklung entspricht dem gegenwärtigen Trend, hochwertige Bildverwaltungsprogramme mit sehr guten RAW-Konvertern und Editierfunktionen immer günstiger anzubieten. Adobe Lightroom und ACDSee Pro 5, die am ehesten als Gegenspieler von Corel AfterShot Pro zu sehen sind, bietet der Handel ebenfalls zu Preisen an, die weit unter denen liegen, die noch 2010 aufgerufen wurden.
Wer Bibble kennt, weiß, dass das Programm seit der Version 5 unglaublich schnell RAW-Daten nach den Vorgaben des Anwender in gebräuchliche Formate wie JPG und TIF umwandelt.
Corel AfterShot Pro gibt es für die gängigen Betriebssysteme Windows, Macintosh und Linux. Als Systemanforderungen nennt Corel 2 GB Ram, 250 MB freier Speicher, einen Intel Pentium 4 oder einen AMD Athlon 64. Heutzutage sind das minimale Werte. Man darf getrost davon ausgehen, dass diesem Programm eine bessere Hardware deutlich zugute kommt, denn hier ist Rechenleistung gefragt.Installation
Wir installierten das Programm auf einem Computer mit
einer Intel i7600 CPU, 8 GB Ram, SSD-Festplatte für
das System, reichlich Speicherplatz und einer GeForce GTX570
Grafikkarte. Der Vorgang verlief zügig. Es gab ein
Update zum Herunterladen. Nach der Eingabe der Seriennummer
war das Programm ohne lästige Aktivierung über
das Internet freigeschaltet. Während des Installierens
wurde angeboten, die Speicherorte für Dateien, die
das Programm zur Bearbeitung von Bilddaten erzeugt, an beliebiger
Stelle einzurichten. So soll es sein!
Nach dem öffnen eines Verzeichnisses mit frischen RAW-Dateien
erstellt das Programm eigene Thumbnails. Der Sinn dieser
Aktion ist nicht erkennbar, wenn bereits integrierte Thumbnails
angezeigt werden. Offenbar besteht AfterShot Pro auf eigenen.
RAW oder was?
Wer digital fotografiert, erzeugt in der Regel JPG-Dateien. Sie werden automatisch erzeugt. Doch gibt es Kameras, die eine Ausgabe von RAW-Dateien ermöglichen. Digitale Spiegelreflexkameras gehören dazu. RAW-Dateien kommen ohne die kamerainterne Bildbearbeitung zustande. Der Fotograf erhält Rohmaterial, das mit entsprechenden Programmen nach eigenem Wunsch interpretiert werden kann. Zudem entfällt beim RAW-Format die Reduzierung der Farbtiefe auf 8 Bit, was bei tiefgreifenden Tonwertkorrekturen vorteilhaft ist. Wer mit entsprechenden Programmen zur Bearbeitung der RAW-Daten umgehen kann, wird überwiegend bessere Ergebnisse erhalten als durch die JPG-Ausgabe seitens der Kamera.
Damit ist bereits der Nachteil der RAW-Dateien erwähnt. Zunächst müssen aus ihnen Bilder in gängigen Formaten wie TIF oder JPG erzeugt werden. Das kostet viel Zeit am Computer. Ideal wäre eine automatische Konvertierung, die nach eigenen Voreinstellungen erfolgt.
Die Grundsatzfragen, vor der jeder Fotograf steht, lauten: Welches Dateiformat soll die Kamera erzeugen und welches Dateiformat wähle ich als Ur-Datei?
Das JPG-Format ist weit verbreitet und im praktischen Alltag das wichtigste Bildformat. Technisch bietet JPG die Möglichkeit, die drei Farbkanäle Grün, Blau und Rot in jeweils 256 Helligkeitsstufen aufgeteilt abzuspeichern. Grundsätzlich reicht das allemale, um ein hervorragendes Bild zu erzeugen. JPG ist eine komprimierte Datei, die kleiner ist als das ursprüngliche Rohformat. Der Grad der Komprimierung ist einstellbar. Das geht von einer nahezu verlustlosen Stufe (große Datei) bis hin zu einer deutlich in der Qualität reduzierten Einstellung (kleine Datei).
Werden die JPG-Dateien bereits von der Kamera erzeugt, bieten die Einstellungen der verschiedenen Geräte je nach Ausstattung und Software diverse Optionen zur Beeinflussung ihrer Erzeugung. Mögliche einstellbare Parameter sind die Farbsättigung, Grade der Schärfung Rauschminderung und Komprimierung sowie Kontrast, Weißabgleich und Helligkeit.
Es gibt etliche Kameras, die unter vielen Lichtsituationen nach Einstellung der Vorgaben sehr gute Bilder im JPG-Format erzeugen. Für viele reicht das meistens völlig aus.
Im Gegensatz zum JPG-Format können die Rohdaten der Kameras erheblich mehr fein differenzierte Helligkeitsstufen enthalten. RAW speichert Bilder als 16-Bit Dateien. Theoretisch sind damit bis zu 65536 Tonwertstufen unterscheidbar. (Mehr dazu siehe: 8-Bit-16-Bit)
Angenommen, wir nehmen tagsüber bei Sonnenschein eine
Szene auf. Es gibt helle, direkt von der Sonne beschienene
Bildpartien und dunkle, im Schatten liegende. Technisch
gesehen, ist es eine große Herausforderung, in allen
Bildbereichen eine zufriedenstellende Darstellung mit Zeichnung
und Details zu erhalten. Das Bild mit den Gänsen verdeutlicht
dies. Der Helligkeitsunterschied ist sehr groß. Direkt
von der Sonne beleuchtete Stellen sind ca. 1000x heller
als im Schatten befindliche Oberflächen mit demselben
Reflexionsgrad.
Man kann die Aufnahme so, wie sie aus der Kamera kommt,
hinnehmen. Oder man erhöht die Helligkeit, um eine
gefälligere Darstellung zu erhalten. Das simple Bewegen
des Helligkeitsregler führt in diesem Fall zu Zeichnungsverlusten
in den hellsten Partien. Durch eine geschickte Anwendung
der Gradationskurve, eventuell in zwei Ebenen, ist eine
Helligkeitserhöhung ohne Zeichnungsverluste realisierbar.
Für drastische Tonwerkkorrekturen ist das Vorhandensein
von möglichst vielen, fein differenzierten Helligkeitsstufen
von großer Bedeutung. Ist das Ergebnis befriedigend
unter Erhaltung der Zeichnung in allen Helligkeitsbereichen,
verliert die 16-Bit Datei an Bedeutung. Dann kann man das
Bild als 8-Bit Datei speichern. üblicherweise wäre
das eine JPG-Datei mit geringer Komprimierung.
Bild 1: Unbearbeitetes Ergebnis aus der Kamera
Bild 2: Helligkeit erhöht. In den hellsten Partien
geht die Zeichnung der Federn verloren.
Bild 3: Helligkeit erhöht, Zeichnung in den hellsten
Partien erhalten und Kontrast in den dunklen Partien erhöht.
Für Fotografen, die im RAW-Modus fotografieren, stellt
sich nun die Frage, ob die RAW-Dateien dauerhaft gespeichert
werden. Dafür spricht, dass sie der unverfälschte
Bildursprung sind. Dagegen sprechen jedoch mehrere Punkte.
Manipulationen an RAW-Dateien lassen sich nicht speichern.
RAW-Konverter erzeugen zu jeder RAW-Datei eine sogenannte
Sidecar-Datei, welche die Vorgaben zur Bearbeitung enthält.
Zudem lassen sich in RAW-Dateien keine IPTC-Informationen
einbetten. Die Interpretation der Sidecar-Datei ist abhängig
von bestimmten Programmen. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll,
anstelle der RAW-Dateien TIFF-Dateien im 16-Bit Format zu
speichern.
Zwar sind sie größer als die RAW-Dateien, aber
alle anderen Nachteile entfallen. Die TIFF-Dateien lassen
sich beschriften. Werden solche TIFF-Dateien als Ursprungsdaten
gespeichert, ist es von großer Bedeutung, dass die
Vorgaben zur Konvertierung der RAW-Dateien keine Bildinformationsverluste
zur Folge haben. Die Standard-Voreinstellungen aller RAW-Konvertierungsprogrammen
entsprechen nicht diesem Ziel. Sie sind individuell und
zweckbestimmt zu verändern. Hauptsächlich ist
auf die Erzeugung des richtigen Dateiformats zu achten (Tiff/16-Bit),
auf die Reduzierung der Rauschunterdrückung, auf die
Reduzierung der Schärfung, und das korrekte Setzen
der Schwarz-und Weißpunkte, mit denen entschieden
wird, inwieweit Zeichnungsverluste in den hellsten und dunkelsten
Partien in Kauf genommen werden.
Sind die RAW-Dateien einmal in gute TIFF-Dateien umgewandelt
worden, von denen wiederum JPG-Dateien mit geringer Komprimierung
erstellt wurden, die in ein Archiv mit Datenbank eingepflegt
wurden, werden jene in der Praxis die Dateien sein, die
für Verwendungszwecke aller Art genutzt werden. Dennoch
sollte man die sorgfältig erstellten TIFF-Dateien gut
und wieder auffindbar aufheben. Sie werden vorab erschlossen.
Dazu gehört die Vergabe von eindeutigen Dateinamen
nach einem System sowie das Einbetten von Informationen
über den Aufnahmezeitpunkt, den Aufnahmeort und das
Motiv nebst Stichwörtern, Copyrightvermerk und weiteren
Informationen. Erst dann erzeugen wir davon Kopien im JPG-Format,
die in unser Alltagsarchiv einfließen. Unser Arbeitsfluss
ist keine Empfehlung sondern ein Beispiel.
Corel AfterShot Pro ist auf alle Szenarien eingestellt.
Das Programm verarbeitet RAW-, TIF- und JPG-Dateien.
Praxis
Am Ende des Tages befinden sich 162 neue Fotos im RAW-Format auf der Speicherkarte. Darunter werden einige mißlungene und doppelte Aufnahmen sein. Beim Sichten und Löschen wird ein großer Teil der Bilder im Papierkorb verschwinden. Das Bildbetrachtungsprogramm benötigt zu viel Zeit zum Anzeigen der einzelnen Bilder. Daher werden die RAW-Dateien automatisch und zügig zu Tiffs mit 16 Bit Farbtiefe konvertiert. Bei den heutigen Speicherkapazitäten ist das für moderne Computer keine schwere Herausforderung mehr.
In der linken Programmspalte wird über das Register
'Dateisystem' das entsprechende Verzeichnis auf der Speicherkarte
geöffnet. Kurz darauf zeigt Corel AfterShot Pro die
kleinen Vorschaubilder.
Eines wird markiert. In der rechten Spalte, im Register
Standard, wird die AutoKorrektur mit Angaben zum Schwarz-
und Weisspunkt aktiviert. Dazu wird ein Häkchen im
Kästchen vor AutoKorrektur gemacht. Corel gibt für
Schwarz (linker Wert) und für Weiss (rechter Wert)
je 0,200 vor. Damit sind Tonwertverluste in den tiefen Schatten
und hellen Lichtern vorprogrammiert. Ich ziehe 0,001 für
Schwarz und maximal 0,050 für Weiss vor. Unter 'Bearbeiten'
-> 'Bildeinstellungen kopieren' werden die Vorgaben kopiert.
Wichtig: Es ist möglich, Bildeinstellungen
zu kopieren und wieder aufzurufen. Sollen alle Bilder nach
einer Vorgabe bearbeitet werden, werden sie an einem Bild
eingestellt und gespeichert. Anschließend werden alle
Bilder markiert und ihnen die gespeicherten Vorgaben zugewiesen.
Schön wäre die Möglichkeit, eigene Standardwerte
festlegen zu können, um Flüchtigkeitsfehler beim
Erstellen und Zuweisen von Vorgaben zu vermeiden. Sollen
TIFF-Dateien erstellt werden, die als Master dauerhaft gespeichert
werden, ist es sinnvoll die Autokorrektur zu aktivieren
und für den Schwarzpunkt (linker Wert) 0,001 zu wählen
und für den Weisspunkt (rechts) 0,05. Standardmäßig
stehen beide Werte auf 0,2. Das ist in Ordnung, wenn man
auf die Schnelle brilliante JPG-Dateien erzeugen möchte.
Für unser Modell, mit dem TIFF-Dateien mit möglichst
geringen Tonwert und Zeichnungsverlusten erzeugt werden
sollen, sind diese Werte bereits zu stark.
Hilfreich wäre zudem eine optionale Funktion, die
es erlaubt Spitzlichter zu ignorieren, deren Helligkeitswerte
stark vom übrigen Bild abweicht. Beispielsweise kann
dies nützlich sein, wenn irgendwo im Bild ein kleiner
gleißender Reflex vorhanden ist, der bedeutend heller
ist als alles andere.
Standardmäßig ist eine Schärfung mit relativ
hohem Wirkungsgrad aktiviert. Besser ist es, einen geringeren
Wert (25 anstelle von 100) einzustellen oder die Scharfzeichnung
komplett auszuschalten. Es gibt die Möglichkeit, Noise
Ninja, eine Rauschreduzierung, zu aktivieren. Um sie im
vollen Umfang nutzen zu können, benötigt der Anwender
eine gültige Lizenz für das Programm. Wer seine
Bilder nach AfterShot in einem weiteren Bildbearbeitungsprogramm
bearbeitet, sollte an dieser Stelle Noise Ninja deaktivieren.
Schnell und einfach
Mehr ist für viele einigermaßen korrekt belichtete
Bilder gar nicht zu machen. Alle Thumbnails werden markiert.
Unter 'Bearbeiten' -> 'Bildeinstellungen einfügen'
werden die Vorgaben des ersten Bildes auf alle anderen übertragen.
Unter 'Datei - Datei speichern unter' werden Vorgaben zum
Zielverzeichnis und dem Zielformat gemacht. Am besten wird
ein Ordner 'Neue Fotos' angelegt und eingetragen, dass alle
Bilder aus AfterShot ausschließlich darin landen.
Das Ausgabeformat sollte stets Tiff (16-Bit) sein und der
Ausgabefarbraum 'Adobe RGB (1998)'. Inwieweit man diesen
Empfehlungen folgt, hängt letztlich von persönlichen
Einstellungen und Zielstellungen ab.
Nach einem Klick auf die Schaltfläche 'OK' konvertiert
AfterShot die markierten Dateien. Mit einem modernen PC
geht das erstaunlich schnell. Pro Bild aus einer Pentax
K-5 (16 Millionen Pixel) dauert das mit dem oben genannten
Computer ca. 0,7 Sekunden pro Aufnahme.
Anschließend werden die Bilder mit einem schnellen
Bildbetrachter gemustert. Dabei werden unbefriedigende oder
redundante Bilder gelöscht. Dies ist ein wesentlicher
Teil der hohen Kunst der Bildverwaltung. Wer sie nicht beherrscht,
wird in einem Meer aus Bildern ertrinken. Zugleich stellt
man fest, ob für einzelne Bilder abweichende Voreinstellungen
getroffen werden müssen. Diese werden anschließend
im Programm Corel AfterShot Pro vorgenommen. Sämtliche
Werkzeuge zum Ausschneiden, Drehen, Schärfen, zur Rauschunterdrückung,
zum Weißabgleich und viele mehr stehen zur Verfügung.
Sie sind rechts im Fenster des Programms in sechs Registern
aufgeführt.
Empfehlung?
Dieser Artikel soll kein Tutorium über die Anwendung aller Funktionen des Programms werden. über den gewaltigen Funktionsumfang stehen ausreichende Beschreibungen auf der Website des Anbieters Corel.
Uns interessierte vor allem die Frage, ob Corel AfterShot Pro ein nützliches Hilfsmittel ist, um die Konvertierung von vielen RAW-Dateien zügig vonstatten gehen zu lassen. Sie ist in jedem Fall zu bejahen. Wer heute mit digitalen Hilfsmitteln arbeitet, um Bilder zu erzeugen, zu verwalten und zu präsentieren, hat üblicherweise einen Mix von Programmen installiert, mit denen man mehr oder weniger vertraut ist. Im Laufe der Zeit entstehen individuelle Arbeitsflüsse. Erfahrene, ergebnisorientierte Anwender springen nicht auf jeden neuen technischen Zug auf, sondern setzen auf Bewährtes und Vertrautes, um ihren Arbeitsaufwand, die Qualität und Quantität ihrer Ergebnisse vorab einschätzen zu können. Auch wenn viele Anwender etablierte individuelle Flüsse zur Bearbeitung ihrer Bilder haben, ist, sofern nicht bereits vorhanden, die Integration von AfterShot Pro empfehlenswert, insbesondere dann, wenn abweichend vom üblichen Procedere, ein größerer Schwung RAW-Dateien zügig in ansehnliche Bilder umgewandelt werden soll. Auf dem Gebiet ist das Programm derzeit unschlagbar.
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AfterShot Pro - Schneller RAW Konverter - Testbericht
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